Für den Großteil der Zeit blieb der Transport durch den ominösen Tunnel still und ohne Zwischenfälle. Meisu schien kein sehr gesprächiger Mensch zu sein, was Jinai nur willkommen hießen konnte, so musste sich von nichts ablenken lassen, während sie wachsam die Umgebung analysierte und nach Hinweisen auf vorhergegangene Durchquerungen des Tunnels, bevorzugterweise von Takeo und den Entführern, untersuchte. Jedoch waren eventuelle Passanten gut darauf bedacht gewesen, ihre Spuren zu verwischen oder der geheime Durchgang wurde relativ selten benutzt, denn ihre Suche blieb erfolgsos.
Nach einigen monotonen felsigen Gängen ragten nun Rohre in den Gang hinein, ein Zeichen, dass sie sich irgendeiner Art von Gebäude oder Befestigung näherten. Das war wahrscheinlich der Umschlagsplatz für die illegalen Waren, auf welche sie keinen Blick werfen konnte.
'Vielleicht kann Tetsu einen Blick wagen, wenn er es geschickt anstellt', hoffte sie, denn schließlich konnte die Art von transportierter Ware ihnen ein bisschen mehr über diese Aktion hier erzählen und auf ihrer eigentlichen Mission war keine Möglichkeit auszuschließen - es war ein reines Nadelsuchen im Heuhaufen.
Etwas weiter konnte man schon spüren, wie der Luftzug im Tunnel abnahm, der Grund dafür offenbarte sich schnell: Ein massives, eisernes Tor. Also war ihr Zielort wahrscheinlich eine alte Befestigung und sie waren in einem Flucht- oder andersweitig genutzten Fluchttunnel. Als sich Jinai dem wahrscheinlichen Alter dieses Ganges bewusst wurde, war sie froh, dass er bisher nicht eingestürzt ist, denn besonders viele Stützen hatte sie auf dem Weg hierher nicht gesehen. Vor dem Tor hielt die Gruppe an und Meisu näherte sich ihm langsam, holte dabei einen Schlüsselbund heraus, und mit einem Ächzen setzte sich die Metallwand langsam in Bewegung. Für den Bruchteil einer Sekunde konnte sie noch den Gang hinter dem Tor wahrnehmen, als ihr plötzlich eine helle Lichtfontäne entgegenstrahlte.
'Eine Falle!', rief sie innerlich und machte einen flinken Satz nach hinten, führte
Kawarimi no Jutsu (Change of Body Stance Technique) aus, um bei einem Angriff den Platz mit einem kleinen Felsen tauschen zu können, und hielt sich den Arm vor die Stirn. Nachdem sich das Helligkeitslevel wieder normalisiert hatte, sahen 'Kyo' und 'Gin' sich umzingelt von rund sechs Personen, welche allesamt ein Stirnband aus Amegakure trugen.
'Sind wir aufgeflogen? Es sind keine ANBU..Also wissen sie wohl nicht, wer wir wirklich sind.' Sie sah hinüber zu Tetsu, welcher die Situation wohl schon vollständig begriffen hat und durch
Doryuu Taiga (Earth Flow River) die Shinobi überraschte, was den beiden Oi-Nin eine Gelegenheit, bot, um zu flüchten, welche sie auch sofort wahrnahmen.
So schnell sie konnten rannten sie den Tunnel entlang in die Richtung, aus der sie ursprünglich kamen. Sie mussten so schnell wie möglich ihre Verfolger abschütteln um aus ihren Henge zu schlüpfen. So könnte zumindest ihre Identität als Oi-Nin Iwagakures bewahrt bleiben, auch wenn ihre Spurensuche nach Takeo jetzt erst einmal gefährdet war. In der Flucht riskierte Jinai einen Blick über die Schulter und sah ihre Verfolger in mäßiger Entfernung. Da Tetsu ihnen sowieso schon gezeigt hat, dass es sich bei Kyo um Gin um Shinobi handelt, konnte auch sie ein Jutsu benutzen, um die Jagd zu erschweren. Schnell formte die Kunoichi Fingerzeichen und führte
Suishouha (Water Collision Destruction) aus, wodurch sie Wasser erschuf, welches sich um sie sammelte. Dabei gaben auch die an der Wand befindlichen Rohre nach, dessen Inhalt nun auch mit Druck nach außen strömten. Sie achte darauf, die Welle nicht zu groß werden zu lassen, und schickte sie den Ame-Nin entgegen, was sie wohl nicht wegschwemmen und ertränken würde, aber dazu zwingen würde, stehen zu bleiben und sich Halt zu suchen, um genau dies zu verhindern.
Am Anfang des Tunnels angekommen wagte sie einen erneuten Blick zurück und konnte die Verfolger nicht mehr sehen, aber immernoch im Tunnel hören. Geschwind schwangen sich Tetsu und Jinai in die Bäume, um noch mehr Distanz zwischen sich und die Verfolger zu bringen. Nach ein paar Metern hielt Jinai jedoch inne. "Warte mal, ich habe eine Idee", rief sie ihrem Teamkameraden zu. "Ist vielleicht etwas zu viel, aber wir könnten uns einen von ihnen schnappen und nach Takeo befragen.." Das Verhören eines Shinobi einer anderen Nation war eindeutig gewagt und sie würde es auf keinen Fall versuchen, sollte der dienstältere Oi-Nin ihr nicht zustimmen.